Poetry Slam


SEXUALISIERTE GEWALT & TRAUMA


Das Lachen ist ein Pfennig

Es wird gesagt und darüber gesprochen
in vielen Artikeln kann man es lesen
leg deine Vergangeheit ab
lebe heiter, lebe froh
Jetzt
lebe so
leb dein Leben
lass dich von deinen Träumen nicht berauben
und beschütz deinen Mut daran zu glauben
deinen Weg zu gehen
diesen frei zu fegen
von allen Mist
der auf diesem Weg noch zugegegen ist

Vergangenheit ist Zukunft
ist Gegenwart und Jetzt
sie ist
in einem Leben und zugegen

Was ist wenn du deine Freude an dein Leben
einem anderen Menschen solltest übergeben
wenn man dich mit einem Fingerschnipps
entfernt von deinem Wert und allen Lebenstipps
von all deinen Träumen dich beraubt
und du nun fern auf dein Leben schaust

Wenn deine Freude als Glasscherbenspiel klingt
und der Vogelchor von nun als erstarrter Ton vom Baum für dich singt

Dann ist dein Lachen ein Pfennig geworden
es liegt verschlossen und verhüllt
verborgen geborgen und geschützt in deiner Hand.

Wenn deine Wurzeln einmal brechen
kannst du sie nicht einfach zusammenrechen
dann siehst du zu wie andere Menschen
Lebenstipps befolgen
Freudenträume und auch Misserfolge leben
während du versuchst im Scherbenhaufen zu überleben
versuchst dich zu finden, zu vertrauen,
die Knospen wieder schleichend zu erreichen,
versuchst zu lesen, zu verstehen,
dich besonders zu sehen
während von den Seiten Ratschläge auf dich frachten
musst du das Dunkel betrachten

du fegst und fegst und suchst nach deinem Leben
und siehst wie andere ihre Träume erleben
während auch Sorgen sie umgeben
können sie sich in Umarmungen benehmen
können unbeschwert sein und lachen
weil sie zugegen sind im Leben
und Freude leben
weil jemand Freude hatte
ein Lachen in der Zeit an sie weiterzugeben

Dein Lachen ist ein Pfennig geworden
es liegt eingehüllt verschlossen
verborgen geborgen und geschützt in deiner Hand

Während man dein „Nein“ küsst,
weißt du das diese Umarmung ein Riss in deinem Leben ist
von nun an deine Freude als Glasscherbenspiel klingt
und der Vogelchor als erstarrter Ton vom Baum für dich singt

Dein Lachen ist ein Pfennig
sein Wert verhüllt
verborgen geborgen
verschlossen in der geschlossenen Hand
du stehst dabei weder in der Ecke
noch in der Mitte
deines Lebens
du schwebst am Rand
du fegst und fegst
während drumherum die Menschen in ihre Lebensträume entschwinden
versuchst du schleichend im Scherbenhaufen deine Freude
und die Liebe zum Leben wiederzufinden
du weißt dass Träume zu leben sind
du kapierst es
und hörst wie sie zugegen
und einzig wertvoll zu leben
für andere Menschen sind
du akzeptierst
du respektierst
während dein Lachen in einem Hauch weggepustet wurde mit dem Wind

Leb dein Leben
lebe heiter, lebe froh
Jetzt
leb es so!

Dein Lachen ist ein Pfennig
es liegt verborgen
geborgen und geschützt in deiner Hand.

Was nun, was tun
dabei sein
im Leben
weiter
Ratschläge kaufen
lebe heiter, lebe froh
Jetzt
lebe so
(im Scherbenhaufen)

Wenn man nur noch einen Pfennig hat
kann man ihn nicht von sich geben
man schwebt am Rand
man steht auch mal und viel zu oft daneben

und öffnet man die Hand
der Pfennig klirrt zu Boden
indem Moment braucht man Freunde
die applaudieren und einen für diesen Mute loben
Freunde die sich im Dunkeln mit dir erquicken
während dich leere Hände und dunkle Scherben anblicken
die einen halten,
fragen stellen
und einen einen Raum lang
durch die gegend tragen
die Blumen pflücken
dich beschenken
Tee kochen

helfen den Scherbenhaufen
bunt zu bepflastern
und neu zu bestücken

die nicht erwarten
auch nicht auf Raten
Pfennige die sie gaben
als Lohn
zurückzuhaben
die einfach die Freude und die Liebe aus ihrem Leben
in deine geschlossene Hand legen

wenn es springt und klingt und plumpst auf deinem Wegen
dann weißt du, dass Pfennig und Pfennige sich mehren

Auf Substanz kann man alles bauen.

wenn Pfennige nicht mehr in die Hände passen
dann kannst du wieder versuchen
dich auf den Bestand des Pflasterweges zu verlassen
dann kannst du voller Stolz trällernd
mit einem Liedchen auf den Lippen trällernd laufen durch die Gassen

Der Vogel schwirrt zur Butterblume,
der Wind bestäubt mit neuen Samen deinen Weg
der Vogelchor, er räkelt sich
er gähnt
ein Zwischenton erklingt
der von der Freude singt

Das Lachen ist kein Pfennig mehr
wenn Menschen Liebe in geschlossene Hände legen
denn dann kannst du dich
wenn auch unbeholfen
in Umarmungen benehmen

während du fegst
und dich das Leben wieder dabei küsst
siehst du
schmunzelnd wie der Mistkäfer wie Pac Men
erheitert eine
und noch eine und noch eine
Scherbe in der Lücke auf den Pflastern frisst

Vergangenheit ist Zukunft
ist Gegenwart und Jetzt
sie ist
in einem Leben und zugegen

Das Lachen ist kein Pfennig mehr
wenn Menschen
ohne Lohn und ohne Raten
zu erwarten
Freude in geschlossene Hände legen

wenn Pfennig und Pfennige sich mehren
dann kann man es hören
das Springen und das Plumpsen auf den Pflasterwegen
und sehen wie offene Hände
fortan neue geschlossene beschweren.


POLITIK & WELT


Was schlimm ist I

(nach Gottfried Benn)

(veröffentlicht in heFt Erfurt, Ausgabe April 2015)

Schlimm ist der Staat,
der mit Prämien und Punkten
das Leben entlohnt.

Schlimm ist das Sammeln von Flaschen,
das den Menschen Sinn erfüllt
an Aufgaben gedeihen und zu wachsen.

Schlimm ist die Politik,
die Verantwortung abgibt,

sich brav in der Wiege wiegt,
die Masse verlacht,
dumm sie fügt,
zu einem Puzzle,
das sich selbst belügt,

indem ein letztes Teilchen fehlt –
Mensch zu bleiben.

Schlimm sind Vergleiche
mit anderen Zeiten.

Schlimm ist der Intellekt,
der keinen Sinn erweckt.

Schlimm sind Erwachsene –
ihr Indirekt, da sich darin
ihr Kinderspiel versteckt.

Schlimm ist die Starre,
die Karre voll Fakten
in großen Lettern,

Schlimm ist,
dass sie uns bekleckern.

Schlimm ist die Abwehr,
der Unterhaltung Verzehr.

Schlimm ist die Sprache
in der wir sprechen,
Abkürzungen,
die das Denken herunterbrechen.

Fremde Worte zur eigenen Identifikation,
schlimm ist die gewollte Perfektion.

Schlimm ist das Gaffen.
Schlimm ist das Betteln.

Schlimm sind die Kinder,
die sich nicht mehr verzetteln,
korrekt das 1 plus 1 erlernen,
die am Computer sitzen und dort sterben.

Schlimm ist die Vielfalt,
die uns bombardiert –
mit verblassten Begriffen
wird sie uns hingeschmissen,
um sich gleich wieder auszulöschen
und neu zu vernetzen.

Schlimm sind Plakate,
die verklärt bunte Sicht.

Schlimm ist,
dass eine Existenz zerbricht.

Schlimm ist das Klagen,
das Misstrauen schürt.

Schlimm ist das man
durch Spenden- und Ehrenamtaktionen
direkt auf`s gute Gewissen schielt.

Schlimm ist die Absicht
im Müll zu ersticken.

Schlimm ist das Tricksen.

Schlimm ist das Gift
in Form von Tabletten.
Schlimm ist die Freiheit
in Ketten.

Schlimm ist die Substanz
aus diesen Zeilen,
die wir festtreten,
stempeln,
schlimm ist das wir
daraus nicht panisch enteilen.

Schlimm ist die Wut
mit der die Stimme
dies Gedicht belebt.

Schlimm ist die Angst
aus der es entsteht.

Schlimm ist das,
was daraus folgen wird.


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